Düsseldorf: Ist das noch Kunsthandwerk?

Eigentlich sollte die Ausstellung "Ist das noch Kunsthandwerk?" schon im Mai stattfinden. Aber die Corona-Regularien machten das unmöglich. Jetzt findet die Ausstellung vom 07. September bis zum 26.09.2020 in der Handwerkskammer Düsseldorf statt. 

Ich freue mich, dass ich bei der Eröffnung am 06. September sprechen darf, und bin wirklich schon sehr gespannt, die Exponate endlich in Augenschein zu nehmen. Das Vorwort zum Katalog habe ich bereits Anfang des Jahres geschrieben, also vor Corona. Auch wenn die aktuellen Ereignisse so manches Thema ein wenig in den Hintergrund haben treten lassen, bleibt vielesv on dem, was ich damals formuliert habe, doch weiterhin gültig. Was meinen Sie? Ich freue mich auf Ihre Kommentare.

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Vorwort zum Katalog

"Ist das noch Kunsthandwerk?"

2020 - eine magische Zahl. Da werden Erinnerungen an die wilden Zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts wach. Ein Gefühl von Aufbruch und Neustart liegt in der Luft. Was steht uns im neuen Jahrzehnt bevor? Welche Entwicklungen werden uns prägen? Das sind die Fragen, die uns alle beschäftigen.

Ein Thema sticht dabei besonders ins Auge: der Klimawandel, der mit seinen vielfältigen Folgen immer deutlicher spürbar wird. Greta Thunberg und die vielen anderen jungen Menschen rund um den Globus werden nicht müde, ihr Recht auf eine lebenswerte Zukunft in einer lebenswerten Umgebung einzufordern. Über die Art und Weise mag man vielleicht streiten, aber dass das Ziel eines ist, das uns alle angeht, darüber kann es eigentlich nur Konsens geben.

Ob wir wirklich auf eine neo-analoge Zukunft zusteuern, und ob es wirklich gelingt, eine Neo-Ökonomie mit einer gelungenen Synthese von Ökonomie, Ökologie und Ethik aus der Taufe zu heben, das bleibt abzuwarten. Aber dass in vielen Feldern von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft Neupositionierung angesagt ist, das wird immer deutlicher.

Da passt es gut in die Zeit, dass der Fachbeirat des Bundesverbandes Kunsthandwerk jüngst unter der Überschrift „Ist das noch Kunsthandwerk?“ zur Beteiligung an einer Ausstellung eingeladen hat, in der es ganz bewusst darum gehen soll, die Grenzen dessen, was „gemeinhin“ mit Kunsthandwerk gemeint ist, zu überschreiten. Die Aufforderung an die potentiellen Teilnehmer*innen war klar: seid mutig, liefert Innovatives, technologisch Verwegenes,  überrascht uns mit Materialkombinationen und Macharten, bleibt nicht beim Angewandten stehen, wagt freie künstlerische und theoretische Arbeiten.

Mehr als 130 Einsendungen wurden schlussendlich auf die Reise nach Düsseldorf geschickt und von einer achtköpfigen Jury geprüft und begutachtet. Ich gebe zu: bei dieser Jurysitzung hätte ich gern Mäuschen gespielt, denn ich bin sicher, es wurde heftig diskutiert. Was ist Kunsthandwerk? Was ist gute Qualität? Was genügt den Kriterien, die mit dieser Ausschreibung gesetzt wurden? Was ist innovativ? Was ist modern?

Wichtige und schwierige Fragen, in der Tat. Fragen, die aber auch wie die Überschrift der Ausstellung selbst, von einer gewissen Verunsicherung zeugen. Kunsthandwerk, dieser schillernde und manchmal auch ein wenig altmodisch anmutende Begriff, lässt sich so einfach wirklich nicht fassen. Ist Kunsthandwerk Kunst minus den Faktor x? Oder Design minus den Faktor x? Oder doch eher Handwerk plus den Faktor x? Und was um Gottes willen ist dieser Faktor x?

Es wäre spannend, diesen Fragen tiefer nachzugehen. Doch das würde definitiv den Rahmen dieses Vorworts sprengen. Das muss an anderer Stelle geschehen.

Daher hier nur so viel: In dieser Zeit der Transformation, sind alle aufgerufen, nach kreativen Lösungen für die Abkehr vom Massenkonsum zu suchen. Das ist eine veritable Chance für das Kunsthandwerk und die angewandten Künstler*innen. Denn sie haben etwas zu bieten, was  heute mehr denn je gebraucht wird. Sie sind vom Kern her „ecofriendly“, also nachhaltig. Sie gehen mit vorhandenen Ressourcen sehr bewusst um. Die Zielgröße ihrer  Produktion ist eins und nicht zigtausend. Kunsthandwerkliche Erzeugnisse sind hochwertige Kulturgüter, die auf dauerhaften Gebrauch angelegt sind. Und das gilt für alle Objekte, ganz gleich, ob sie dem Bereich des funktional Schönen zuzurechnen sind oder weit darüber hinaus weisen.

Ich jedenfalls bin sehr gespannt, welche Exponate den Weg in die Ausstellung „Ist das noch Kunsthandwerk?“ gefunden haben und freue mich auf den Diskurs, den diese Schau hoffentlich auslösen wird. (Dr. Sabine Wilp, Präsidentin des Bundesverbandes Kunsthandwerk, im Februar 2020)


Öffnungszeiten der Ausstellung
"Ist das noch Kunsthandwerk?"
in der Handwerkskammer Düsseldorf:

Mo bis Fr 10-18 Uhr
Sa 10-14 Uhr
An Sonn- und Feiertagen geschlossen


Hinweis:
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