Wer Dinge formvollendet verpacken oder aufbewahren
möchte, der braucht dazu das richtige Behältnis, Schachteln oder Dosen. In der
Herbstausstellung 2020 zeigt die Handwerksform Hannover die Arbeiten von 30
Kunsthandwerker*innen und Designer*innen, die zu diesem Thema kleinere oder
größere Behältnisse aus Beton, Glas, Holz, Keramik, Papier, Silber und Stein
beisteuern.
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Karin Ruske: Utensilo mit Deckel, Material Beton
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Das Titelobjekt auf dem Ausstellungsflyer stammt aus der Werkstatt von
Karin Ruske. Es sind Dosen aus Beton. Ihre Gußformen stellt sie mit Hilfe eines
von ihr gefertigten Musterstücks selbst her. Auch den Beton mischt sie nach
einer eigens von ihr entwickelten Rezeptur. Dabei spielt sie mit
unterschiedlichen Beimischungen, etwa mineralischen Farbpigmenten. Das
gegossene Betonprodukt härtet je nach Bedarf unterschiedlich lang aus und wird
nach dem Ausschalen in Handarbeit geschliffen und poliert. So ist jedes Werkstück ein absolutes Unikat.
Glas
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Cornelius Réer: Dose, Glas
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Farbigkeit ist das bestechende Merkmal der Dosen, die in der Nürnberger Werkstatt von Cornelius Réer am Glasschmelzofen entstehen. Kennzeichnend für die Gefäßformen sind die von ihm entwickelte Formensprache, die Funktion, die subtile Farbgebung und die entschlossene Formgebung. So entstehen Unikate und Kleinserien, die sich selbst erklären. Die in der Ausstellung gezeigten Arbeiten leben von der unterschiedlichen Farbigkeit, die entsteht, wenn die einzelnen Zylinder ineinander gesteckt und mit einem Deckel verschlossen werden.
Die Arbeiten von
Carolin Schwan stehen ganz im Zeichen der Nachhaltigkeit. Ihre Gefäße bestehen
aus bearbeiteten Weinflaschen, die Deckel bestehen ebenfalls aus recycelten
Glas oder aus nachwachsenden Kork. Für Schwan steht fest, dass Glas besonders gut
geeignet ist, um Gegenstände zu umschließen und aufzubewahren. Wenn die Gefäße
dann auch noch aus recycelten Materialien bestehen, wird nicht nur der Inhalt,
sondern auch unsere Umwelt geschützt.
Silber
Gibt es eine edlere Aufbewahrungsart als Silber? Maike
Dahl steuert zur Ausstellung eine Reihe der von ihr entwickelten Dosen bei, die
das Silber wieder zurück in den Alltag bringen sollen. Ihr Tafelsilber ist
einfach in der Handhabung und spülmaschinenfest. Die Oberflächen sind mit
normaler Haushaltsscheuermilch bearbeitet. Das nimmt dem Silber seine
Unnahbarkeit und gibt ihm erste Lebensspuren. Niemand muss Angst haben, dieses
Silber zu benutzen. Es schreit geradezu danach, benutzt zu werden. Es gibt dem Alltag
eine Prise Spannung und Glanz und gesellt sich gern zu den anderen Dingen auf
dem Tisch.
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Maike Dahl: Dosen, Feinsilber
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Sham Patwardhan-Josi greift in seinem Beitrag das Thema der Parfumdosen auf, das ihm aus seiner Heimat Indien vertraut ist. Duft und Behälter sind ein wesentlicher Bestandteil des Orients und der orientalischen Kultur. Seine Arbeiten zeigen eine moderne Umsetzung der alten Idee der Dose als Gebrauchsgegenstand. Die Parfumbehälter sind mit echten Blumenextrakten gefüllt.
Keramik
Andrea Stopford spielt an der Drehscheibe mit den Formen. Ihre Gefäße sind
immer auch Gebrauchsgegenstände des Alltags, trotz der aufwändigen Bemalung,
trotz des vielen Goldes, das sie verwendet und das immer mit einem kleinen
Augenzwinkern daher kommt. Ihre Dosen sind Einzelstücke, die sich zu Gruppen
zusammenfinden können und gute Laune verbreiten wollen. Ihre Gefäße haben
vergoldete Füße, Henkel die sich am Ende zu einer Schnecke aufrollen, Deckel
werden nicht von einem schnöden Knopf zum Öffnen geziert: da sitz auch schon
mal ein Hund, ein Fisch auf Beinen, ein kleiner Garten obenauf. Unendliche
Variationen, die dennoch ein Ensemble bilden.
Im starken Gegensatz dazu stehen die Porzellandosen von Roswitha
Winde-Pauls. Die strenge, reduzierte Form ist charakteristischh für ihre
Arbeit. Porzellan bietet ihr dafür eine perfekte und neutrale Basis, auf der
sie mit Linien, Strukturen und Kontrasten am besten arbeiten kann. Ihr
besonderes Interesse gilt dabei der Kombination mit anderen Materialien. Bei
den Dosen, die sie in der Herbstausstellung in Hannover zeigt, sind es weiche,
bunte und bewegliche Griffe aus Silikonbänder, die die Strenge des Gefäßkörpers
brechen.
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Roswitha Winde-Pauls: Porzellandosen mit Silikongriff
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Holz
Klaus
Kirchner will bei seiner Arbeit, die natürliche Schönheit des
Holzes herausarbeiten. Er nutzt unverleimtes Holz, gern auch Holz mit Fehlern.
Die Grundform entsteht an der Drechselbank. Dann folgt die
Oberflächenbearbeitung, die je nach Holzart sehr unterschiedlich ausfallen
kann: schleifen, schnitzen, bürsten, colorieren, brennen, strukturieren, ölen
und wachsen. Am Ende steht das Dosenunikat, das den Betrachter überraschen und
neugierig machen soll.
Die in Berlin lebende und
aus Sibirien stammende Designerin Anastasiya Koshcheeva setzt auf Birkenrinde
und fertigt daraus Dosen von hhöchster Qualität. Die Rinde stammt aus den
unendlichen Weiten der Taiga. Koshcheeva lässt die natürliche Schönheit des
Materials durch eine klare Formensprache, kontrastreiche Details und
spielerische Farbgestaltung zur Geltung kommen. Anders als im traditionellen
Handwerk arbeitet sie mit der samtartigen Vorderseite bzw. den Zwischenschichen
der Rine, um die einzigartige grafische Maserung hervorzuheben. Gutes Design,
dass das Leben verbessert, das ist das Credo von Koshcheeva. Die Vorratsdosen
aus Birkenrinde sind antibakteriell, isolierend und feuchtigkeitsabweisend.
Lebensmittel, die darin aufbewahrt werden,
halten sich sehr lange frisch.
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Anastasya Koshcheeva: Keksdose aus Birkenholz, Serie MOYA
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Papier
Adelheid Siegeroth baut
Boxen in den unterschiedlichsten Formaten und Ausführungen. Alle Arbeiten
erfüllen Gebrauchszwecke, im Mittelpunkt steht aber die Beschäftigung mit den
emotionalen Werten von Materialien und Kulturzeugnissen in Bild, Schrift und Ornament.
Zur Gebrauchskunst im allgemeinen und zum Material Papier im besonderen kam
Adelheid Siegeroth durch den Besuch verschiedener Fachschulen für Gestaltung,
eine Ausbildung zur Buchbinderin sowie in ihrer Studienzeit an der
Kunstakademie Maastricht.
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Adelheid Siegeroth: Urne, Papier
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Für Sigrid Vollmer ist Papier
ein Werkstoff mit einer schier endlosen Fülle von Verarbeitungsmöglichkeiten.
In ihrer Werkstatt entstehen Schachtel, Dosen und Schatullen in ungewöhnlichen
Formen, mit geheimen Fächern, Schüben und Einsätzen als „Bewahrensort“ für
persönliche Schätze. Dieser Schatz kann auch zwischen den Seiten eines Buches stecken
und so können die Schatullen auch als Stütze und Umhüllung für ein Buch
fungiere. Alle buchbinderischen Arbeiten entstehen in Handarbeit, die Objekte
sind mit Unikatpapieren aus der eigenen Werkstatt bezogen.
An der Ausstellung „Schachteln und Dosen“
beteiligen sich folgende Kunsthandwerker*innen und Designner*innen:
Lutz Brauneck / Andreas Dach / Maike
Dahl / Saskia Detering / Silke Erdtmann / Klaus Kirchner / Ekkehard Körber / Anastasiya
Koshcheeva / Sabine Lang / Thomas Lange / Bernd Lichtenstein / Stephanie Link /
Uwe Luchtmann / Sham Patwardhan-Joshi / Christian Prenzler / Katja Querfeld / Cornelius
Réer / Ingrid Ripke-Bolinius / Karin Ruske / Ulrike Sandner / Kim Schlicht / Carolin
Schwan / Martina Sigmund-Servetti / Adelheid Siegeroth (in Kooperation mit Hannah Hiecke) / David
Siegeroth / Andrea Stopford / Gabriel Tarmassi / Sigrid Vollmer / Roswitha
Winde-Pauls / Kirsten Wittstruck
Ausstellungsdauer:
19.09.2020 bis 17.10.2020
Ausstellungseröffnung:
Freitag, 18.09.2020, 20 bis 22
Uhr
Begrüßung
Karl-Wilhelm
Steinmann
Präsident der Handwerkskammer
Hannover
Einführung in die Ausstellung
Dr. Sabine Wilp
Kuratorin der Handwerksform
Hannover
Ausstellungsführungen
Donnerstag, 24.09.2020 + Donnerstag, 08.10.2020, jeweils 16:30 –17:30 Uhr
durch die Ausstellung führt Dipl.-Des.
Rüdiger Tamm
An den Ausstellungsführungen können jeweils maximal 10 Personen teilnehmen. Eine Anmeldung mit Name, Adresse und Telefonnummer ist notwendig. Bitte geben Sie unter folgender E-Mail-Adresse bis spätestens 2 Tage vor dem Termin Bescheid: handwerksform@hwk-hannover.de
Öffnungszeiten:
Di bis Fr 11-18 Uhr, Sa 11-14 Uhr
So, Mo und an gesetzlichen Feiertagen geschlossen
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